OLG Naumburg urteilt zum Daimler-Abgasskandal
Über 16.000 Euro Schadensersatz: Mercedes-Benz GLK 220 CDI 4 MATIC enthält nach Ansicht des OLG Naumburg eine illegale Abschalteinrichtung.
Allmählich bröckelt auch bei Daimler die Verteidigung: Gegen Rückgabe des Fahrzeugs soll ein Kläger jetzt 16.543,40 Euro Schadensersatz von dem Konzern erhalten. Im Laufe des Verfahrens ließen die Richter keinen Zweifel, dass sie die von Daimler verwendete Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung als illegale Abschalteinrichtung einstufen. Das Oberlandesgericht Naumburg sprach damit am 15. Oktober 2021 das erste OLG-Urteil gegen Daimler aus, das bald rechtskräftig wird.
Gegenstand des Rechtsstreits war ein Mercedes-Benz GLK 220 CDI 4 MATIC. Das Modell enthält einen OM 651 Dieselmotor mit Euro-5 Zulassung. Anders als andere vom Abgasskandal betroffene Fahrzeuge hält der Wagen auch ohne seine Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung die gesetzlichen Grenzwerte für Abgase ein. Dennoch entschied das OLG Naumburg, dass Daimler seine Kunden mit dem System täuschte und zu Schadensersatz verpflichtet ist. Die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung erkennt durch verschiedene Mechanismen, ob sich das Fahrzeug gerade auf dem Prüfstand befindet und schaltet in diesem Fall eine zusätzliche Abgasreinigung ein, welche den Stickstoffausstoß reduziert. Wie ähnliche illegale Abschalteinrichtungen anderer Hersteller ist auch das System von Daimler so eingerichtet, dass im tatsächlichen Fahrbetrieb keine solche Abgasreinigung stattfindet.
In der Vergangenheit gingen viele Betroffene davon aus, dass sich eine Schadensersatzklage nur dann lohne, wenn ihr Auto vom Kraftfahrt-Bundesamt wegen seiner Abgas-Problematik zurückgerufen wurde. Der vorliegende Fall zeigt Anderes: Obwohl das Fahrzeug von keinem Rückruf betroffen war, wurde Daimler dem Kläger gegenüber zu Schadensersatz verpflichtet. Es zeigt sich also, dass die Einschätzung des KBA vor deutschen Gerichten im Abgasskandal immer weniger ausmacht.
Ebenso nahm das Oberlandesgericht zu der Streitfrage Stellung, inwieweit Automobilunternehmen bei Finanzierungen über sogenannte Autobanken zu Schadensersatz verpflichtet sind. Mit bestimmten Klauseln im Darlehensvertrag wollten die Unternehmen bewirken, dass Darlehensnehmer jegliche Ansprüche auf Schadensersatz, die in Zukunft entstehen könnten, an das Unternehmen abgeben. Derartige Klauseln hielten die Richter des OLG Naumburg allerdings für unzulässig. Diese Entscheidung ist maßgebend für ähnliche Fälle: Klägern, die Ihre Fahrzeuge mittels Darlehen von Autobanken finanziert haben, stehen jetzt alle Türen offen, Schadensersatz zu verlangen.