Mercedes Abgasskandal: LG Stuttgart & OLG Koblenz urteilen in 2 Fällen für Verbraucher
Mercedes Abgasskandal: Verbraucher verbuchen 2 weitere Erfolge - OLG Koblenz & LG Stuttgart bestätigen Schadensersatzansprüche wegen illegaler Abschalteinrichtungen.
In zwei aktuellen Fällen rund um den Motor OM651 von Mercedes konnten vom Diesel-Skandal betroffene Kunden erfolgreich Schadensersatzansprüche gegen den Automobilhersteller durchsetzen. Die Fahrzeuge, ein 2015 gebraucht gekaufter GLK-SUV und ein 2016, ebenfalls gebraucht erworbener Mercedes-Benz C 220d BlueTEC, waren bereits im Abgasskandal aufgefallen. Beide waren Teil eines umfangreichen Pflichtrückrufs des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) im Dezember 2023.
Hintergrund des Rückrufes war ein von Mercedes im OM651 Motor verbautes System zur Kühlmittel-Solltemperaturregelung. Dies führte dazu, dass die Abgasreinigung unter bestimmten Bedingungen, wie bspw. bei niedriger Last und Drehzahl, oder bei bestimmten Außentemperaturen nicht mehr vollumfänglich aktiv ist. Solche Vorrichtungen sind u.a. als "Thermofenster" bekannt und gelten laut aktueller Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes als illegale Abschalteinrichtungen. Das im OM651 von Mercedes verwendete Thermofenster resultiert letztendlich in schmutzigeren Abgasen bereits ab 10 Grad Außentemperatur, die geltenden Grenzwerte für Abgas-Emissionen überschreiten betroffene Fahrzeuge somit regelmäßig.
Auf dieser Basis sprach das Landgericht Stuttgart dem Kläger im Fall des 2015 erworbenen Mercedes GLK-SUV einen Schadensersatz in Höhe von 10 % des ursprünglichen Kaufpreises gemäß der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu. Der Käufer erhielt eine Entschädigung von über 3.700 Euro und durfte sein Fahrzeug dabei weiterhin behalten. Im zweiten Fall, einem 2016 gekauften Mercedes-Benz C 220d BlueTEC, sah das OLG Koblenz die Schadensersatzansprüche auch nach Durchführung eines von Mercedes bereitgestellten Softwareupdates zur Ausbesserung der entsprechenden Mängel noch als gerechtfertigt an. Der Kläger erhielt eine Entschädigung in Höhe von 5% des Kaufpreises.
Mercedes verteidigte sich damit, dass die Maßnahmen allein dem Motorschutz dienten und die Euro-Norm 6 zu jeder Zeit eingehalten werde. Das Landgericht Stuttgart und das Oberlandesgericht Koblenz hingegen sahen nach Urteilen des Europäischen Gerichtshofs eindeutig illegale Abschalteinrichtungen im Motor OM651. Mercedes konnte keine ausreichenden Begründungen bezüglich des Motorschutzes vorlegen.
Schadensersatz wegen Thermofenster: Nahezu alle Diesel-Hersteller betroffen
Beide Kläger entschieden sich dafür, ihre Fahrzeuge zu behalten und erhielten als Entschädigung den sogenannten "kleinen Schadensersatz". Dieser kann nach aktueller Rechtsprechung des BGH zwischen 5 % und 15 % des Kaufpreises betragen. Derzeit sind nahezu alle Hersteller von Diesel-Fahrzeugen von ähnlichen Problemen betroffen. Eine verbraucherfreundliche Wendung im Abgasskandal hierzu: Das bloße Vorhandensein von Thermofenstern rechtfertigt mittlerweile bereits einen Schadensersatz. Die Fahrlässigkeit seitens der Hersteller ist ausreichend, und auch ein Rückruf des KBA gilt nicht mehr als Voraussetzung für eine Entschädigung.