Neues EuGH Urteil: Thermofenster vieler Dieselfahrzeuge illegal
Jul 2022
Der EuGH entschied mit seinem Urteil vom 14.07.2022 (Az. C-128/20), dass Thermofenster, wie bspw. bei einer Abgasreinigung, welche nur zwischen 15 und 33 Grad Celsius aktiv ist, illegal sind. Derlei Systeme entsprechen einer unzulässigen Abschalteinrichtung und können die Rückabwicklung des Kaufvertrags rechtfertigen.
Hersteller der in den Abgasskandal verwickelten Skandal-Motoren nutzten oftmals sogenannte Thermofenster. Dieser Begriff beschreibt die Strategie, zwar eine rechtskonforme Abgasreinigung zu nutzen und somit die Zulassung zu erhalten, diese allerdings von der Außentemperatur abhängig zu machen, sodass ein geringer Schadstoffausstoß nur bei Temperaturen in einem bestimmten Bereich - dem Thermofenster - gewährleistet wird.
Mit diesem Thema befasste sich nun ein österreichisches Gericht, welches die Frage nach der Zulässigkeit solcher Thermofenster an den Europäischen Gerichtshof weitergab. Die Kläger pochten auf Ihr Recht auf Entschädigung gegen die Abgasmanipulationen und forderten eine Rückzahlung des Kaufpreises für Ihre betroffenen Fahrzeuge.
Der EuGH entschied nun, dass die Abgasreinigung die meiste Zeit über aktiv sein muss. Thermofenster, welche die Abgasreinigung nur aktivieren, wenn die Außentemperatur bspw. zwischen 15 und 33 Grad Celsius liegt, seien demnach unzulässig. Eine Ausnahme räumte das Gericht den Herstellern ein: Wenn die Abschalteinrichtung aufgrund ansonsten hoher Risiken für Fahrer und Motor erforderlich ist, könnte diese u.U. erlaubt sein. Sobald die Abgasreinigung jedoch die meiste Zeit oder bei den im alltäglichen Betrieb normalen Temperaturen inaktiv sein müsste, wäre das System jedoch bereits nicht mehr rechtskonform.
Weitere Klagewelle erwartet
Nachdem sich die verbraucherfreundliche Rechtsprechung des EuGH bereits seit längerer Zeit ankündigte, ist es nun offiziell: diverse Motoren mit eingebauten Thermofenstern verstoßen gegen das europäische Recht. Dies gibt betroffenen Fahrzeughaltern erneut Rückenwind - auch die deutschen Gerichte können das EuGH-Urteil nicht einfach außer Acht lassen. Aussagen des Generalanwalts des EuGH machen ebenfalls Hoffnung. Die EU-Abgasnormen sollen laut diesem auch die jeweils betroffenen Diesel-Fahrer schützen. Dabei könnte in Zukunft nicht nur die schwer nachzuweisende Sittenwidrigkeit, sondern auch schon die Fahrlässigkeit zur Schadensersatzpflicht für Automobilhersteller führen.