BGH-Kehrtwende: Widerruf vieler Leasing- und Kreditverträge doch möglich
Jan 2021
Auch nach abgelaufener Widerrufsfrist
Fast alle deutschen Banken, gleich ob sie eine Autofinanzierung oder Darlehen anbieten, verwenden in ihrer Widerrufsbelehrung einen Passus, der fehlerhaft ist. Diese vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) vertretene Rechtsauffassung (wir berichteten) hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun in zwei Urteilen (U. v. 27.10.2020 – Az. XI ZR 498/19 und U. v. 10.11.2020 – Az. XI ZR 426/19) bestätigt und damit seine jahrelange Rechtsprechung aufgegeben.
Für viele Darlehensnehmer und Leasingnehmer ist das eine gute Neuigkeit. Denn die fehlerhafte Widerrufsbelehrung kann dazu führen, dass der Vertrag auch nach vielen Jahren noch widerrufen werden kann – selbst, wenn die gesetzliche Widerrufsfrist ansonsten abgelaufen wäre. Im Wesentlichen müssen die Vertragsparteien dann alles, was sie bislang aneinander geleistet haben, zurückerstatten. Für Darlehensnehmer lohnt sich das besonders, wenn sie noch einen Vertrag mit hohen Sollzinsen abgeschlossen haben. Aber auch viele Leasingnehmer, die überhöhte Leasingraten gezahlt haben, können das geleaste Fahrzeug zurückgeben und die Raten zurückfordern. Von dem Urteil kann auch profitieren, wer einen Pkw gekauft hat und diesen gleichzeitig mit einem Darlehen finanziert hat. Denn nicht nur das Darlehen, sondern auch der Kaufvertrag muss rückabgewickelt werden, wenn es sich um ein verbundenes Geschäft handelt – das heißt, das Fahrzeug kann zurückgegeben werden.
Eine Voraussetzung, auf die es dabei ankommt, ist aber, dass die Bank nicht bloß die vom Gesetzgeber entworfene Musterwiderrufsbelehrung verwendet hat, sondern – wenn auch nur kleinste – Veränderungen daran vorgenommen hat.
Gerne überprüfen wir für Sie, ob das bei Ihrem Vertrag der Fall ist und ob sich ein Widerruf in Ihrer individuellen Situation lohnt.