LG Braunschweig verneint Haftungsansprüche wegen Betrugs
Das LG Braunschweig hat im Rahmen des VW-Abgasskandals mit dem Urteil vom 25. April 2017, Az. 11 O 3993/16, eine Klage auf deliktische Haftungsansprüche gegen den Hersteller eines VW Polo 1.2 TDI, der mit einer sogenannten "Schummelsoftware" ausgestattet war, abgewiesen.
Die Klägerin, eine Käuferin eines vom Beklagten hergestellten VW Polo 1.2 TDI, machte geltend, dass die Deaktivierung der von dem Beklagten eingesetzten Software zu einem erhöhten Verbrauch oder reduzierter Fahrleistung führen werde. Eine Deaktivierung der Software bzw. Umprogrammierung des Motorsteuergeräts wurde jedoch von dem Kraftfahrtbundesamt verlangt. Bei Nichtvornahme dieser Umprogrammierung wurde eine Betriebsuntersagung des PKWs angedroht. Aus Sicht der Klägerin würde die Veränderung an der Motorsteuerung nicht nur zu einem erhöhten Kraftstoffverbrauch sondern auch zu Problemen mit dem Dieselpartikelfilter führen. Als direkte Folge davon würde es, nach Meinung der Klägerin, zu einem Preisverfall des PKWs am Markt kommen.
Weil der Hersteller des PKWs über das Vorhandensein eines Mangels getäuscht, jedenfalls nicht aufgeklärt habe solle er wegen unerlaubter Handlung in Verbindung mit Betrug gem. § 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB für den Schaden haften. Da das Verhalten des Beklagten aus Sicht der Klägerin auch sittenwidrig ist, solle der Hersteller nach § 826 BGB haften und Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises entrichten. Dies Zug um Zug gegen Rückgabe des PKWs.
Die Richter des LG Braunschweig kamen jedoch zu dem Ergebnis, dass keine strafrechtlich relevante Täuschung vorliegt.
Damit steht der Klägerin die von ihr geltend gemachten deliktischen Schadensersatzansprüche nicht zu. Die Klägerin wurde zur Kostentragung des Verfahrens verurteilt.
Zur Begründung des Urteils führten die Richter aus, dass es der Klägerin nicht gelungen war eine aktive Täuschung zu beweisen. Eine mögliche Täuschung durch Unterlassen scheitert an der dafür notwendigen Garantenstellung zwischen Hersteller und Verbraucher. Für diese müsste ein besonderes Vertrauensverhältnis vorliegen. Die Richter verneinten dies mit der Begründung, dass zwischen den Beteiligten ein Kontakt allenfalls über die Werbung stattfand. Außerdem soll im kronketen Fall auch das pflichtwidrige Vorverhalten des Herstellers, in Form des Einbauens einer Schummelsoftware, nicht zu einer Garantenpflicht führen. Begründet wird dies damit, dass der Hersteller damit nur gegen europarechtliche Normen, die den Einsatz von Abschalteinrichtungen verbieten, verstoßen hat und diese Normen nicht den Vermögensinteressen der Verbraucher dienen.
Des Weiteren liegt nach Ansicht der Richter auch keine sittenwidrige Schädigung vor. Das Verschweigen der eingesetzten Software begründet keinen Sittenverstoß, da den Hersteller gegenüber den Verbrauchern keine allgemeine Offenbarungspflicht trifft. Eine solche würde nur bestehen, wenn die Verbraucher nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte eine Mitteilung erwarten durften. Dies wird abgelehnt, da selbst bei einer vertraglichen Beziehung keine vollumfängliche Information über alle Belange des Geschäfts erwartet werden darf.
Sowohl bei § 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB als auch bei § 826 BGB sehen die Richter eine strafbare Handlung erst dann vorliegen, wenn es um erhebliche wertbildende Umstände geht. Allerdings steht nach Ansicht des Gerichts nicht fest, dass die Fehlerhaftigkeit der Motorsoftware, gerade im Hinblick auf die von dem Hersteller angebotenen technischen Lösung, zu einem erheblichen Preisverfall der betroffenen Fahrzeuge führt.